Revision?

Pressemeldung/Bilanz zur Entscheidung des Landgerichts München und der Ausblick auf die mögliche Revision.

Berufungsverfahren vor dem Landgericht München

Da die Staatsanwaltschaft noch am Tag unserer Verurteilung durch das Amtsgericht München gegen das zu niedrige Strafmaß Berufung eingelegt hat, war dies der Gegenstand der Berufungsverhandlung. In meiner Einlassung zu Prozessbeginn legte ich dar, dass sich die Situation seit der Blockade und seit dem erstinstanzlichen Verfahren nicht gebessert hat, im Gegenteil: Die Bundesregierung ändert das Klimagesetz, um den Gesetzesbruch von Volker Wissing zun "legalisieren", im Globalen Süden sterben reihenweise Menschen an den Folgen der Klimakatastrophe, etwa in Ostafrika.

In meinem Letzten Wort hebe ich die Diskrepanz zwischen "Wissen" und "Verstehen" hervor. Alle "wissen" um die Gefahr der Klimakatastrophe, unser Beweisantrag wurde gar abgelehnt mit der Begründung, das könne als "wahr unterstellt" werden. Dennoch diskutieren wir nur darüber, wie viele Autos wie lange im Stau standen, nicht aber über die Folgen, die unser Wirtschaften und Konsumieren im Globalen Süden anrichtet bzw. die uns eher früher als später treffen werden.

Das Gericht (Vorsitzender Richter und zwei Schöffen) weisen die Berufung der Staatsanwaltschaft ab, es bleibt beim Urteil des Amtsgerichts: 10 Tagessätze zu 1 Euro.

Wir werden vermutlich dennoch in Revision gehen, da stets die "Geeignetheit" anderer Mittel immer wieder behauptet wird, ohne darzulegen, inwiefern diese Mittel angesichts der Klimakatastrophe und der schwindenden Zeitfenster tatsächlich geeigneter als Blockaden sind, die immerhin für breite öffentliche Diskussionen sorgen.

Strafprozess vor dem Amtsgericht München

Für diese Blockade erhielt ich bereits Ende Dezember 2022 einen Strafbefehl von 40 Tagessätzen zu je 30 Euro. Da ich kein eigenes Einkommen habe und der Strafbefehl nicht einmal korrekt wiedergab, mit wem ich die Straße blockiert habe, habe ich gegen ihn Widerspruch eingelegt. Daraufhin kam es am 3. Mai 2023 vor dem Amtsgericht München zur Hauptverhandlung, gemeinsam mit meinen zwei "Mittätern", Dr. Cornelia Huth und Luca Thomas. 

In meiner Einlassung zum Strafvorwurf legte ich dar, warum ich im Oktober mit Scientist Rebellion vor dem Justizministerium eine Straße blockiert habe, ebenso betonte ich erneut, dass "es meinem Verständnis entgegenliefe, wenn mein Orden (im Fall von Geldstrafen) für mich finanziell einträte, auch und gerade, weil dies eher nicht im Sinne vieler Förderer, Freunde und Unterstützer wäre, die den Orden, seine Projekte und Werke finanziell unterstützen."

Hier die Einlassungen meiner Mitangeklagten der Wissenschaftlerin und Mutter von zwei Teenagern, Dr. Cornelia Huth, sowie dem 21-jährigen Geoökologiestudenten und Luca Thomas sowie hier unsere gemeinsame Pressemeldung. Ausgewählte Presseberichterstattung: Bayerischer Rundfunk, Tagesschau.de, BILD.de, Vatican News und über AP auch Berichte im Ausland etwa der Washington Post.

Das Beweisaufnahmeverfahren des Gerichts verlief äußerst gründlich, so gründlich, dass die Verhandlung nach Stellung von zwei Beweisanträgen durch unsere Verteidiger auf den 16. Mai verschoben wurde.

Am 16. Mai wurden die Beweisanträge abgelehnt und die Plädoyers sowie Letzten Worte erfolgten. In meinem Letzten Wort betonte ich, dass die Notwendigkeit von Straßenblockaden dann entfallen, wenn in Politik und Gesellschaft Blockaden gegenüber schnell wirksamen Maßnahmen zur Treibhausgasminderung aufhören. Geärgert habe ich mich, dass die Beweisanträge zur Klimakrise und Berechtigung Zivilen Ungehorsams als wahr unterstellt wurde, der Staatsanwalt in seinem Plädoyer aber dennoch meinte, dass Demonstrationen und Petitionen zur Bewältigung der Krise ausreichten. Genau dies zeigte, dass in diesem Prozess eine Gelegenheit zur vertieften Auseinandersetzung mit der Problematik verpasst wurde. Ausgewählte Berichte: SPIEGEL online, Abendzeitung, t-online, Süddeutsche Zeitung, Washington Post.

Denoch geht es ums Prinzip: Wir wurden schuldig gesprochen, sehen uns aber innerhalb des Rahmens von Recht, Gesetz und den Konventionen reifer Demokratien. Aus diesem Grund haben wir am 23. Mai Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt.